Wo anfangen? Wann beginnt etwas zu beginnen?
Vor acht Monaten bin ich von der genüsslich-gemütlichen Schwäbischen Alb ins Brandenburgische Flachland nach Frankfurt (Oder) gezogen. Seither habe ich immer wieder, mal mehr, mal weniger, darüber nachgedacht, wie ich diesen Blog beginne und worüber ich hier schreiben möchte. Beim Darüber-Nachdenken sind mir die Zeilen „BIS ZUM ANFANG ZURÜCKGEHEN! DIE BESONDERHEITEN DIESES ANFANGS!!“ des im letzten Jahr verstorbenen Künstlers A.R. Penck wieder in den Sinn gekommen.
Die Galeristin Hedwig Döbele hatte mich vor rund einem Jahr bei meinem Besuch der Malstrom-Ausstellung unter anderen Dingen auf sein Büchlein „Mein Denken“ (hrsg. von Klaus Gallwitz, 1986) aufmerksam gemacht. Neben den großformatigen ausgestellten neoexpressionistischen Arbeiten der Malstrom-Künstler*innen blieb es von den meisten Besuchern weitestgehend unbeachtet. 
Ich setzte mich in den Wintergarten der Galerie und begann darin zu blättern. Zurück in Albstadt, wo ich zu diesem Zeitpunkt noch lebte, bestellte ich es antiquarisch, legte es nach seinem Eintreffen auf das Bücherregal, ließ es aber bis auf wenige vereinzelte Male bis heute unreflektiert.
Nun greife ich es wieder auf, betrachte es und finde diese Zeilen auf der fünften Seite des Buches. Penck hatte sein Skizzenbuch mit den verbildlichten Denk- und Zeichnungsprozessen also bereits begonnen, bis er sich inmitten dieser mit dem Kommentar aus Groß- und Druckbuchstaben, von einfach und doppelten Ausrufezeichen beschlossen, eine regelrechte Zäsur, eine Art Denk-Pause, verordnete.
In Analogie zu Penck stecke ich (allerdings nach knapp 8 Monaten statt 5 Seiten) in der deutsch-polnischen Doppelstadt Frankfurt/Słubice auf gänzlich neuem Terrain inmitten eines Erkundungs- und Erfahrungsprozesses, von dem aus ich nun versuche, zurückzukehren, zu seinen Anfängen.
Die Besonderheiten dieses Anfangs: in einer offenen Stadtmitte ein kühles Gefühl durch zersprengte Vereinzelung unterschiedlichster Gebäudetypen aus verschiedenen Zeiten. Daneben multiple sichtbare Versuche, Menschen und Märkte in Einkaufszentren zusammenzuführen. Autonomer Kosmos Europa-Universität Viadrina. Hochhäuser und Spitzgiebel im Wechsel zeichnen die unverwechselbare Stadtsilhouette. Ausnahmsloser Dialog und dichtes Gedränge von bildender Kunst und Architektur in der Großen Scharrnstraße. Glockenschlag von St. Marien, die Stadt hat einen Klang. Tausende Pendler in die und aus der Stadt lassen Frankfurt wochentags wie einen blasebalgähnlichen Organismus an- und wieder abschwellen. Die Magistrale verläuft flussbreit, als eines von lediglich drei eingetragenen Denkmäler aus der DDR-Zeit in Frankfurt, parallel zur Oder. Es fließt, bewegt sich, aneinander vorbei. Man ist froh, wenn man sich vor den Wind-, Wasser- und Verkehrsströmen auf eine Insel retten kann.
Meine persönlichen Entschleunigungs- und Genussinseln in Frankfurt (Oder): das Brandenburgische Landesmuseum für moderne Kunst, das Kleistmuseum, das kürzlich wiedereröffnete Hochhausrestaurant im Oderturm, der Ziegenwerder und Lennépark, Brot & Zucker, WG-Bar, verbündungshaus fforst, Antiquariat Richter im Haus der Künste, das ehem. Musikheim-Areal, Paulinenhofsiedlung, St. Georg, die Vorstädte, Fischerstraße, das Kleine Kino-Programm, Musik des Brandenburgischen Staatsorchesters, SMOK, Pyszna Chata in Słubice, die Oder … to be continued …